Wenn ich widerlegbares Wissen mitbekomme, fühle ich mich geradezu genötigt dieses zu korrigieren. Dabei bleibe ich in der Regel ruhig und versuche zu korrigieren. Schließlich kann es sein, dass die jeweilige Person dieses Wissen selbst fälschlicherweise aufgenommen hat, sich nicht mehr richtig erinnert oder einfach logische Schlussfolgerungen falsch zieht, weil die Person Defizite im Bereich Logik oder mathematisch beweisbarer Zusammenhänge hat. Dies ist nicht verwerflich, denn jeder hat seine eigenen Stärken und Schwächen und nicht jeder muss an der Universität eine Grundlagenvorlesung zur Philosophie gehört haben, wo die Grundladen der Logik vermittelt werden. Wobei ich das durchaus jedem ans Herz legen würde.
Zu unterscheiden sind Fakten und Meinungen: Eine Aussage zu Fakten ist beweisbar richtig, falsch oder undefiniert, während eine Meinung persönliche Ansichten verkörpert. Wenn man bewusst einen falschen Fakt vertritt, sind dies sogenannte „alternative Fakten“. Unter der Regierung Trump erreichte diese Bezeichnung große Berühmtheit. Entgegnet man, dass dies doch nur eine persönliche Meinung sei, gehört das zu den wenigen Dingen, die mich deutlich erbost machen. Eines der sehr sehr seltenen Fälle, in denen ich auch mal Laut werde und denjenigen zu Recht beschimpfe, „alternative Fakten“, also schlicht Unwahrheiten, zu verbreiten.
Gemäß Art. 5 GG ist das Verbreiten falscher Fakten als Meinungen im Regelfall durch die Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Eine Zensur findet nicht statt.“ ((https://dejure.org/gesetze/GG/5.html)) Das ist als Gesetzeslage auch richtig so, da wir nicht in einer Zensurgesellschaft leben. Also: Man darf es! Aber muss man darüber erfreut sein? Nein! Man sollte denjenigen zurecht weisen. Man kann – und sollte – mit Gegensprache auf falsche Fakten reagieren, auch wenn diese als Meinungen getarnt werden.
Beispiele für falsche Fakten: Mal offensichtlich, mal nicht!
Aussage: „Diese Wand ist schwarz“
Das ist eine Behauptung, die einfach überprüfbar ist. Nehmen wir mal an sie ist weiß. Dann ist die Behauptung, die Wand sei weiß, ein Fakt. Man kann immernoch die Meinung vertreten, die Wand sei schwarz. Ob das sonderlich schlau ist? Sicherlich nicht. Denn es ist sehr einfach widerlegbar. Ob man das darf? Ja, dank Art. 5 GG. Davon ausgenommen ist jedoch, ob jemand anderen Nachteile erwachsen. Als Immobilienmakler darf ich einem potenziellen Interessenten nicht erzählen, die Wand sei schwarz, auch wenn ich weiß, dass das überhaupt nicht der Fall ist. Dies fällt nicht mehr unter die freie Meinungsäußerung. Ob man bei einer Behauptung dieses falschen Fakts erboßt sein sollte und den Verbreiter der Botschaft in die Schranken weisen sollte? Aber sicher! Das Verbreiten eines falschen Fakts als Meinung ist schließlich eine Lüge. Dies kann gemäß Kants kategorischem Imperativ nicht zum allgemein Gesetz werden und ist daher zwar nicht zwingend rechtlich, aber zumindest moralisch, verwerflich.
Aussage: „Wenn man eine repräsentative Umfrage in erhebt, kommt da sowieso immer etwas anderes raus. Umfragen sagen nichts aus. Ich glaube nicht an beweisbare Mathematik.“
Sagen wir mal, dass wir in Deutschland, Einwohnerzahl 83.000.000 Menschen, eine repräsentative Umfrage unter 2000 Leuten machen. Nun wäre die Argumentation dieses Herren recht einfach: Was ist denn, wenn ich von den 83.000.000 genau 2000 Leute herauspicke, die JA sagen und beim nächsten mal 2000 Leute rauspicke, die NEIN sagen.
Die Meinung
Offensichtlich kommt immer etwas anderes dabei bei solchen Umfragen heraus. Daher sind repräsentative Umfrage nichtssagend und man darf ihnen nicht glauben. An beweisbare Mathematik glaube er einfach nicht. Das sei alles nur Unsinn. Derjenige behauptet zudem, dies sei ja nur seine Meinung und könne man ihm daher nicht absprechen. Das würde er auch gerne jedem so erklären, denn das sei ja nur seine persönliche Meinung.
Wie funktioniert eine repräsentative Umfrage mathematisch? Wie entgegne ich der Aussage?
Dann kann man nur entgegnen: Ja, das ist nicht unmöglich. Aber für wie wahrscheinlich hältst du das? Ich erspare hier mal das mathematische Hintergrundwissen, bzw. gehe nur auf die wesentlichen Kenngrößen ein:
- Populationsgröße: Die Gesamtanzahl der Personen der Gruppe, die Sie untersuchen möchten. In unserem Fall sind das 83.000.000 Personen.
- Fehlerspanne: Ein Prozentwert, der besagt, in welchem Maße Sie erwarten können, dass Ihre Umfrageergebnisse für die Ansichten der betrachteten Gesamtpopulation repräsentativ sind. Nehmen wir hier mal 3%.
- Konfidenzniveau: Ein Prozentsatz, der angibt, wie sicher Sie sich sein können, dass die Population eine Antwort in einem bestimmten Bereich auswählen würde. Beispielsweise bedeutet ein Konfidenzniveau von 95 %, dass Sie zu 95% sicher sein können, dass die Ergebnisse zwischen den Zahlen
Tatsächliches Ergebnis - Fehlerspanne
undTatsächliches Ergebnis + Fehlerspanne
liegen. Nehmen wir hier mal 95%
Beispiel: Befragungen in der deutschen Population
Wenn wir uns die Mathematik sparen wollen, nehmen wir einfach den Rechner auf Surveymonkey. Probiert da ruhig mal rum. Für unseren Fall:
- N = Popolationsgröße = 83000000
- KI = Konfidenzniveau = 99%
- e = Fehlerspanne = 3%
Das Ergibt eine Stichprobengröße von 1849. Wir müssen also 1849 Personen zufällig und repräsentativ als Stichprobe auswählen, um unsere Zielparamater zu erfüllen.
Treffen wir die Annahme, dass in der tatsächlichen Population, also wenn wir jeden der 83.000.000 Bürger befragen würden, ein Ergebnis von 42% von JA-Stimmen hätten. Wenn wir eine Umfrage machen, erhalten wir bei 1849 befragten Personen einen Ergebnis im Intervall zwischen (Tatsächliches
Ergebnis - Fehlerspanne)
und (Tatsächliches
Ergebnis + Fehlerspanne),
also 39% bis 45%. Das Konfidenzniveau sagt uns, dass wir zu 99% innerhalb dieses Bereichs sind und nur zu 1% außerhalb dessen, also unter 39% oder über 45%. Das ist doch schon ein ziemlich gutes Ergebnis für unter 2000 befragten?
Wie groß ist also die Wahrscheinlichkeit, dass zwei solche Umfragen was völlig anderes herausbekommen, also eine liegt unter 39% und die andere über 45%? Das kann man ausrechnen: Das sind mindestens 99,99%. Ist das nicht ziemlich unwahrscheinlich? Ich würde sagen: Ja! Ich verzichte auf die Mathematik.
Soll es noch genauer sein?
Populationsgr. | Konfidenzniveau | Fehlerspanne | Stichprobengr. | |||
1. | 83.000.000 | 95% | 5% | 385 | ||
2. | 83.000.000 | 95% | 3% | 1.068 | ||
3. | 83.000.000 | 95% | 2% | 2.401 | ||
4. | 83.000.000 | 95% | 1% | 9.603 | ||
5. | 83.000.000 | 99% | 5% | 666 | ||
6. | 83.000.000 | 99% | 3% | 1.849 | ||
7. | 83.000.000 | 99% | 2% | 4.161 | ||
8. | 83.000.000 | 99% | 1% | 16.638 |
Interpretationen
- Haben wir 83.000.000 Menschen und möchten, dass unsere repräsentative Umfrage einen Wert zwischen
Tatsächliches
Ergebnis - 5%
undTatsächliches
Ergebnis + 5%
mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 95% liefert, müssen wir 385 Menschen repräsentativ befragen. - Haben wir 83.000.000 Menschen und möchten, dass unsere repräsentative Umfrage einen Wert zwischen
Tatsächliches
Ergebnis - 3%
undTatsächliches
Ergebnis + 3%
mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 95% liefert, müssen wir 1.068 Menschen repräsentativ befragen. - (wie oben)
- (wie oben)
- Haben wir 83.000.000 Menschen und möchten, dass unsere repräsentative Umfrage einen Wert zwischen
Tatsächliches
Ergebnis - 5%
undTatsächliches
Ergebnis + 5%
mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 99% liefert, müssen wir 666 Menschen repräsentativ befragen. - (wie oben)
- (wie oben)
- (wie oben)
Beispiel: Befragungen bei der Bundestagswahl
Bei der FORSA-Umfrage werden immer etwa 2.500 Personen in Deutschland befragt ((https://www.wahlrecht.de/umfragen/forsa.htm)). Wir hatten 2017 bei der letzten Bundestagswahl 61.700.000 Wahlberechtigte ((https://www.bundeswahlleiter.de/service/glossar/w/wahlberechtigte.html)). Welches Konfidenzniveau und welche Fehlerspanne sind damit möglich?
Dazu habe ich die Populationsgröße festgesetzt, das Konfidenzniveau auf die jeweiligen Wunschwerte festgelegt und dann so lange die Fehlerspanne justiert, bis die Stichprobengröße (knapp unter) 2500 Personen lag.
Populationsgröße | Konfidenzniveau | Fehlerspanne | Stichprobengröße |
61.600.000 | 80% | 1,3% | 2.424 |
61.600.000 | 90% | 1,7% | 2.356 |
61.600.000 | 95% | 2,0% | 2.401 |
61.600.000 | 99% | 2,6% | 2.462 |
Alle diese Aussagen sind natürlich gleichermaßen richtig, wenn man ca. 2500 Personen befragt. Man kann entweder ein hohes Konfidenzniveau fordern und dafür eine hohe Fehlerspanne in Kauf nehmen, oder ein geringeres Konfidenzniveau mit einer kleinen Fehlerspanne realisieren.
Vergleich zu den tatsächlichen Ergebnissen
Die letzte Befragung vor der Bundestagswahl war am 22.09.2017, also zwei Tage vor der Bundestagswahl am 24.09.2017. Wie waren die Befragungsergebnisse relativ zu den tatsächlichen Ergebnissen?
CDU | SPD | GRÜNE | FDP | LINKE | AfD | Sonst. | NW | |
Wahl | 32,9% | 20,5% | 8,9% | 10,7% | 9,2% | 12,6% | 5,0% | 23,8% |
Umfrage | 36,0% | 22,0% | 7,0% | 9,5% | 9,5% | 11,0% | 5,0% | – |
Fehler | -3,1% | -1,5% | +1,9% | +1,2% | +0,3% | +1,5% | 0,0% | – |
Wir wir sehen, sind die Ergebnisse recht akkurat. Ok, die CDU hat mit -3,1% eine recht hohe Abweichung, die unsere Fehlerspanne von 2,6% beim Konfidenzniveau von 99% noch übersteigt. Das könnte einfach „Pech“ gewesen sein und die 1% Wahrscheinlichkeit, dass wir noch weiter falsch liegen als +/- 2,6% hat zugeschlagen. Das ist natürlich unwahrscheinlich, kann aber passieren.
Sind ausreichen große, repräsentative Umfragen als Ersatz für Wahlen tauglich?
Viel einleuchtender erklärt sich dies jedoch mit der Dynamik von Wahlen: Nicht Wenige entscheiden sich erst am Tag der Wahl für eine Partei. Oder sie ändern ganz kurzfristig beim Ausfüllen ihres Wahlzettels noch Ihre Meinung. Wenn Menschen dann im Endeffekt anders wählen, als sie es in der repräsentativen Umfrage angegeben haben, haben wir eine von unserem Stichprobentest ganz unabhängigen Bais (=Verzerrung).
Damit obige Konfidenzniveaus und Fehlerspannen für die genannten Stichprobengrößen gelten, muss nämlich sicher gestellt sein, dass jeder nachher tatsächlich auch so abstimmt, wie er es in der Umfrage angegeben hat. Oder noch allgemeiner: Jeder muss schon zwei Tage vor der Wahl sicher sein, was er wählt, und das auch ausnahmslos so tun.
Wie groß müsste die Stichprobe für die Bundestagswahl sein?
Populationsgr. | Konfidenzniveau | Fehlerspanne | Stichprobeng. |
61.600.000 | 99% | 0,5% | 66.493 |
61.600.000 | 99% | 0,1% | 1.620.397 |
Wäre das der Fall, könnte man nämlich ganz einfach eine repräsentative Umfrage unter ca. 1.620.397 Menschen durchführen und an Hand dessen die Wahlen durchführen. Bei einem Konfidenzniveau von 99% und einer Fehlerspanne von 0,1% wären die Ergebnisse hinreichend genau, um jeder Partei mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von 99% ihr tatsächliches Wahlergebnis +/- 0,1% zu bescheren. Mit zuletzt 709 Sitzen, würden so pro Partei mit hoher Wahrscheinlichkeit höchstens 0,7 Sitze falsch vergeben. Selbst wenn es schlecht läuft, würde höchstens ein Sitz zu viel oder zu wenig pro Partei vergeben werden. Das wäre verschmerzbar.
Eine Verzerrung: Mangelnde Repräsentativität
Wie gesagt gibt es aber den möglichen Bais (=Verzerrung), dass viele Ihre Wahlentscheidung erst am letzten Tag fällen oder plötzlich umschwingen. Auch wenn ich an dieser Stelle nicht genau darauf eingehen möchte, sind Probleme mit dem Umfragendesign natürlich ein weiteres Faktum das Verzerrungen hinzufügt. So stellt sich immer die Frage, ob die Umfrage eben repräsentativ ist. Repräsentativ heißt, dass eben ein guter Querschnitt aus der Bevölkerung an der Umfrage teilnehmen muss. Das beinhaltet verschiedene Faktoren, wie Alter, Geschlecht, Wohnort, Beruf, Einkommen, usw. Wir müssen versuchen, diese Verzerrung durch gute Randomisierung, also echter Zufallsauswahl, möglichst zu vermeiden.
Eine Verzerrung: Umfragenverweigerer
Problematisch sind auch immer Umfragenverweigerer: Wenn eine ausgewählte Person nicht teilnimmt, und man kann sie ja nicht zwingen, dann kommt es prinzipiell zu einer Verzerrung. Stellen wir uns beispielsweise die Wähler der Piratenpartei vor, die vermutlich besonders Datenschutzaffin sind und vermehrt nicht an Meinungsumfragen teilnehmen. Damit könnte die Piratenpartei (rein hypothetisch) in Umfragen schlechter abschneiden als in einer echten Wahl. Ein Mangel, der Idee der repräsentativen Umfrage inhärent ist. Wir können diesen nicht verhindern, aber in seiner Größe messen, indem wir uns merken, wie viele Personen die Umfrage verweigert haben.
Ist diese Zahl nicht zu groß, können wir die Verzerrung weitestgehend ignorieren. Ist die Zahl groß, müssen wir mit einer möglichen Verzerrung der Umfrageergebnisse in entsprechender Höhe rechen. Immerhin wissen wir hier ungefähr, was zu erwarten ist.
Wie wirkt sich die Populationsgröße auf die Stichprobengröße aus?
Tatsächlich kann man sagen, dass ab einer Populationsgröße von 1.000.000 die Stichprobengröße nicht mehr wesentlich zunimmt, d.h. für eine repräsentative Befragung in Indien mit 1,4 Mrd. Menschen müssen kaum mehr befragt werden, als es in Deutschland mit 83 Mio. Menschen der Fall ist. Das mag überraschen, ist aber mathematisch nachvollziehbar und macht auch Sinn.
Populations– größe | Konfidenz- niveau | Fehler- spanne | Stichproben- größe | |||||
Fiktiv | 1.000 | 95% | 2% | 707 | ||||
Fiktiv | 10.000 | 95% | 2% | 1.937 | ||||
Fiktiv | 100.000 | 95% | 2% | 2.345 | ||||
Fiktiv | 1.000.000 | 95% | 2% | 2.396 | ||||
DE | 83.000.000 | 95% | 2% | 2.401 | ||||
Indien | 1.380.000.000 | 95% | 2% | 2.401 | ||||
Fiktiv | 1.000 | 99% | 1% | 944 | ||||
Fiktiv | 10.000 | 99% | 1% | 6.247 | ||||
Fiktiv | 100.000 | 99% | 1% | 14.267 | ||||
Fiktiv | 1.000.000 | 99% | 1% | 16.369 | ||||
DE | 83.000.000 | 99% | 1% | 16.638 | ||||
Indien | 1.380.000.000 | 99% | 1% | 16.641 |
Merke: Desto größer die Population, desto sinnvoller ist eine repräsentative Umfrage im Vergleich zu einer allumfassenden Umfrage.
Fazit
Wie wir sehen: Repräsentative Umfragen sind ein tolles Mittel, da man mit vergleichsweise wenig Aufwand viel Information gewinnt. Die Ergebnisse sind nie frei von Fehlern, aber Methoden der Statistik zeigen, dass gute Konfidenzniveaus und Fehlerspannen schon mit wenig Befragten zu erreichen sind. Wir sehen, dass sich Umfragen mit steigender Populationsgröße immer mehr lohnen: Beispiel Deutschland und Indien.
Merke: Repräsentative Umfragen funktionieren. Man kann gute Konfidenzniveaus und Fehlerspannen bei ausreichender Populationsgröße schon mit kleinen Stichprobengrößen erreichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir mit unserer Umfrage richtig liegen, ist hoch. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir „völlig daneben“ liegen ist jedoch nie Null.
Merke: Dass repräsentative Umfragen funktionieren, ist mathematisch beweisbar. Daher ist es ein Fakt. Die Meinung, dass diese nicht funktionieren, kann man natürlich haben, aber ist in jedem Fall unwahr. Die Meinung widerspricht einem mathematischem Fakt.
Corona
Gute Quellen sind das A und O
Was Corona betrifft: Bitte informiert euch bei guten Quellen, wie dem Robert Koch Institut, dem Coronavirus-Update von Virologen Christian Drosten (NDR Info Podcast) oder auch mal Wikipedia, die sich inzwischen zu einer erstaunlich glaubwürdigen und zum Teil auch wissenschaftlich fundierten Quelle gemausert hat. Private Fernsehsender, privates Radio, die BILD-Zeitung und co. sind mit ihren reißerischen Titeln und wenig Hintergrundinformationen nicht die besten Quellen. Wenn ihr dort Informationen abgreift, stellt zumindest sicher, dass ein ausgewiesener Experte spricht. Glaubt nicht so viel über das Hören-Sagen.
Aussage: „Menschen in Deutschland stecken sich in Deutschland ein zweites mal mit Corona an.“
Immer wieder höre ich, dass sich Menschen mit Corona erneut angesteckt hätten. Ja, es gibt entsprechende Einzelfälle, die aus China und Südkorea gemeldet wurden, aber wenn ich frage, wo das in auch nur irgendwie bedenklichen Größenordnungen passiert sein soll, kann mir plötzlich keiner eine Quelle nennen. Wie auch, wenn hier ein kleiner Teil von Einzelfällen zu einem globalen Problem aufgebauscht werden, das so gar nicht existiert? Herr Drosten meint dazu, stand heute, dass es viel wahrscheinlicher ist, dass ein PCR-Test erst positiv ausfalle, dann negativ und dann wieder positiv. Dabei handelt es sich um statistische Verteilungsphänomene, sodass das Virus eigentlich nie weg war, aber vom Test ein mal nicht erkannt wurde.
Was nachgewiesen ist: Antikörper fallen nach einigen Monaten nach der Infektion ab. Einige haben daraus interpretiert, man könne sich wieder anstecken. Aber da gibt es ja noch die Gedächtniszellen, die bekanntermaßen in großem Maßstab aufgebaut werden. Auch diese geben eine Immunantwort! Naheliegend könnte sein, dass die Impfung nicht für immer wirkt, sondern irgendwann wiederholt werden muss.
Es gibt bis heute keine stichhaltigen Hinweise darauf, dass man sich mit dem Corona-Virus erneut anstecken kann. Wie das langfristig aussieht, z.B. durch Mutationen, kann schlicht noch keiner sagen.
Fakt: Es gibt bisher in Deutschland nicht einen Fall einer Zweitinfektion. Ob Zweitinfektionen auf Lange Sicht möglich sind, ist ungeklärt. Es gibt Stand Heute keinen Grund sich Sorgen zu machen, man könne sich ganz aktuell ein zweites mal anstecken. ((https://www.netdoktor.de/news/corona-kann-man-sich-zweimal-infizieren/))
Da sind wir wieder bei der Verdrehung von Faktenlagen: Wie oft habe ich in der Bevölkerung nun gehört, dass man aufpassen müsse. Man könne sich wieder anstecken. Oft genug habe ich auch schon gehört, dies sei tatsächlich in größerem Maßstab passiert. Das sind schlicht alternative Fakten. Die angeblichen Fälle aus Asien wurden in der Presse für kurze Zeit breit getreten. Inzwischen hört man nichts mehr davon, weil selbst die Presse weiß, dass sie da Unfug schreibt. Aber: Es ist ja so eine tolle, reißerische Nachricht, dass sich diese in der Bevölkerung wie ein Lauffeuer verbreitet hat. Das perfide: Die Experten der Virologie dementieren, die Bevölkerung ist desinformiert und glaubt, was sie von nächst besten Kumpel erzählt bekommt.
Also, ein Appel: Man kann sich entweder wissenschaftlich fundiert informieren und dann mitreden. Wer das nicht tut: Bitte den Mund halten. Es bringt deinen Freunden, Verwandten und Kollegen nichts, wenn du sie mit Fehlinformationen bombardierst. Im Gegenteil: Du heizt den Kessel der falschen Halbwahrheiten weiter an. Bitte stellt Informationen, die ihr nicht verifiziert habt, nicht als Fakten hin. Wenn es zu einem Thema Fakten gibt, sind Meinungen fehl am Platze.
Aussage: „Ich habe Angst vor den Langzeitnebenwirkungen vom Corona-Impfstoff. Vielleicht sind wir nach der Impfung in einem halben Jahr alle tod? Ich lasse mich nicht impfen, denn es geht um meine Gesundheit. Ich habe schon mit meinen Kollegen gesprochen und die wollen sich auch nicht impfen lassen. Daran, dass das sich so viele nicht impfen lassen wollen, sieht man ja, dass ich Recht habe.“
Zuletzt bin ich mit dem Vorwurf in Kontakt gekommen, dass der neue Corona-Impfstoff doch möglicherweise gefährlich sei. Die Langzeitnebenwirkungen wären nicht klar. Eventuell könne man ja daran sterben. Man wolle sich lieber nicht impfen lassen und habe auch von sämtlichen Kollegen aus der Pflege gehört, man wolle sich nicht impfen lassen. Was ist da dran?
Ist der Impfstoff ausreichend getestet und welche Nebenwirkungen hat er?
Ich beziehe mich mal hier auf den Impfstoff BNT162b2 von Biontech/Pfizer. Tatsächlich handelt es sich um einen neuen, so genannten mRNA Impfstoff ((https://de.wikipedia.org/wiki/BNT162b2)). Doch ist dieser gefährlich? Viele fragen sich, ob dieser Wirkstoff viel zu früh auf den Markt kommt und daher Gefahren birgt. Fakt ist, dass die Entwicklung durch staatliche Gelder, schnellere Genehmigungverfahren durch zusätzliche Mitarbeiter und bereits bestehendes Wissen über MERS-Coronaviren den Entwicklungsvorgang wesentlich beschleunigen konnten.
Dabei wurden keine Phasen in der Entwicklung ausgelassen: Die Zulassung eines Medikaments besteht in der Regel aus drei Phasen. Das war bzw. ist auch für BNT162b2 der Fall ((https://www.gesundheit.de/krankheiten/infektionskrankheiten/atemwegsinfektionen/coronavirus/mrna-impfstoff)). Nach Abschluss der Phase-3-Studien konnten bis November 2020 keine schweren Nebenwirkungen bei den Probanden festgestellt werden. Die Wesentlichen Nebenwirkungen waren Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Schüttelfrost, Gelenkschmerzen und Fieber nach der Verabreichung ((https://de.wikipedia.org/wiki/BNT162b2)). Bedenken, eine mRNA-Impfstoff könne das Erbgut verändern, wird von Experten ausgeschlossen. Natürlich können zu langfristigen Nebenwirkungen noch keine gesicherten Aussagen getroffen werden. Nach Einschätzung von Experten ist jedoch nicht mit langfristigen Risiken zu rechnen ((https://www.gesundheit.de/krankheiten/infektionskrankheiten/atemwegsinfektionen/coronavirus/mrna-impfstoff)).
Keine glaubwürdigen Quellen für Langzeitnebenwirkungen
Mit Ausnahme des verschwörungstheoretischen impfkritik.de, konnte ich keine glaubwürdige Expertenstimme finden, die risikoreiche Langzeitnebenwirkungen vermutet oder gar noch der Impfung abrät. Man sollte daher zu dem Schluss kommen, dass man als Risikogruppe oder auf Grund des Berufs (z.B. Alten-/Krankrenpfleger etc.) zu der Gruppe gehören sollte, die als erstes geimpft werden, dies auch wahrnehmen sollte.
Kann man die Meinung von verheerenden Langzeitwirkungen vertreten und sollte man Sie verlautbaren?
Natürlich kann man zu der persönlichen Auffassung gelangen, dass man die neue Impfung für risikoreich empfindet und Langzeitfolgen fürchten. Es sollte einem aber bewusst sein, dass dies den Erkenntnissen renommierter Experten widerspricht und nicht evidenzbasiert ist, sondern irrationalen Ängsten folgt. Diese Einstellung kann man als Meinung vertreten, aber man sollte keinen Falls anderen versuchen zu erläutern, dies sei rational, wissenschaftlich begründet oder auch nur ungefährlich. Tatsächlich herrscht Einigkeit darüber, dass eine COVID-19 Infektion nach aktuellen Erkenntnissen höchstwahrscheinlich viel schwerwiegendere Langzeitfolgen hat, als dies die Impfung jemals haben könnte.
Wie gehe ich als evidenzbasiert denkender Mensch damit um?
Als externer Zuhörer fühle ich mich bei Diskussionen darüber, die Impfung wegen de facto irrationalen Ängsten nicht durchführen lassen zu wollen, dringend dazu veranlasst die Faktenlage und Meinungen von anerkannten Experten kund zu tun.
Welche Folgen hat es für die Gesellschaft, wenn diese Meinung verbreitet wird?
Lässt sich ein Großteil der deutschen Bevölkerung nicht impfen, hat dies grundlegende Implikationen auf unsere Wirtschaft und unser Gesundheitssystem. Wir sollten die Impfung, wenn irgend möglich, nicht verpflichtend machen, sondern versuchen auf Impfskeptiker und Impfgegner positiv einzuwirken. Lässt sich die Herdenimmunität auf Grund mangelnder Impfbereitschaft nicht herstellen, ist zum Wohle aller aber auch zu evaluieren, ob eine Impfpflicht einzuführen ist. Irrationale Ängste dürfen nicht dazu führen, dass unserem Gesundheitssystem und unserer Wirtschaft eklatante Schäden entstehen.
Fazit
Kommen wir zurück auf falsche Fakten, die unter Umständen als Meinungen getarnt sind. Manchmal ist es ganz einfach diese zu enttarnen, wie die schwarze Wand. Auch sind die meisten „alternativen Fakten“ von Donald Trump leicht zu enttarnen, wenn es auch viele US-Amerikaner gibt, die selbst das nicht zu tun scheinen. Man bleibt erschreckt und mit Erstaunen zurück.
Keine Pflicht zur Information, Recht zur eigenen Meinung, aber uninformiert bitte keine Meinungen als Fakten verbreiten
Man kann nicht immer alles wissen, aber wenn man von etwas keine Ahnung hat, plädiere ich dafür: Hört zumindest auf das, was anerkannte Wissenschaftler sagen. Bitte verbreitet nicht eure Meinungen, die durch mangelnde Information entstanden sind. Keiner ist verpflichtet sich zu informieren, aber es ist ratsam. Keinem kann verboten werden, eine eigene Meinung zu haben und diese auch kund zu tun. Aber ich appelliere dringend daran, Meinungen, die nicht evidenzbasiert abgeleitet sind, Leuten als Fakten zu präsentieren. Dies ist verwerflich.
Wer sich evidenzbasiert informiert, hat die Pflicht sich einzumischen
Gut ist es immer, sich selbst mit der Materie auseinanderzusetzen und dabei viele Quellen heranzuziehen, die glaubwürdig sind. Überprüft bitte die Glaubwürdigkeit eurer Quellen. Als mündiger Bürger mit evidenzbasiertem Handeln hat man die Pflicht, sich einzumischen, wenn man derartiges beobachtet. Man muss falsche Fakten aufdecken, wenn es einem möglich ist, wissenschaftlich argumentieren und die Verbreitung von ungesundem Halbwissen eingrenzen.
Über unsere Beispiele zu falschen Fakten und nicht evidenzbasierte Meinungen
Die Auffassung, eine weiße Wand sei schwarz ist schlicht falsch und eine offensichtliche Lüge. Gemäß dem kategorischen Imperativ von Kant, kann es nicht impliziert sein, diese Lüge als Fakt zu verbreiten. Die Auffassung, Corona verbreite sich aktuell in irgendeiner Form erheblich durch Zweitansteckungen in Deutschland, ist faktisch falsch. Die Auffassung, die Impfung gegen Corona berge Langzeitfolgen in nennenswertem Ausmaß und das Risiko/Nutzen-Verhältnis sei negativ, widerspricht schlicht den einhelligen Meinungen von Experten und ist nicht evidenzbasiert.
Evident denkende Menschen müssen widersprechen und einwirken
All diesem ist durch aufgeklärte, evidenzbasiert denkenden Menschen strikt zu widersprechen. Ich persönlich empfinde es quasi als meine Pflicht, hier Aufklärung zu betreiben. Leider wird es nicht möglich sein, jeden Menschen von dem zu überzeugen, was gemäß Faktenlage einfach das Richtige ist. Es wird immer Menschen geben, die an Verschwörungstheorien glauben oder irrationalen Ängsten folgen. Aber man sollte zumindest versucht haben, etwas daran zu tun.
Wer irrational denkt und das weiß, sollte seine Meinungen nicht verbreiten
Und an all diejenigen, die dank dieses Artikels erkannt haben, dass sie irrational denken, aber dennoch irgendwie nicht anders können: Verbreitet eure für die Bevölkerung schädlichen Thesen und Meinungen bitte nicht wo immer ihr könnt, insbesondere nicht als Fakten! Jeder Bürger hat Rechte und Freiheiten, aber im Gegenzug auch eine moralische Verantwortung. Nur weil man das Recht auf freie Meinungsäußerung hat und prinzipiell auch Dinge vertreten darf, die der Gesellschaft schädlich sind, entbindet das nicht von Verantwortung.
Müssen wir Grundrechte zum Wohle der Bevölkerung beschränken?
Sollten wir dahin kommen müssen, Menschen und Medien in ihrer Freiheit zu beschränken und zu Dingen zu verpflichten, die eigentlich freiwillig sein sollten, weil der Schaden für die Gesellschaft zu groß wird, wäre dies mehr als nur bedauerlich. Es kann nicht wirklich sein, dass wir hier in Deutschland zum Wohle der Bevölkerung Grundrechte einschränken müssen. Ich hoffe, es muss nicht so weit kommen und dazu kann jeder beitragen.
Schlusssatz
Ich verbleibe mit vielen Grüßen und wünsche allen ein selbstbestimmtes und Corona-freies Leben auf Basis unseres hervorragenden Grundgesetzes, das unsere elementaren Grundwerte zu schützen vermag. Halten wir das Recht auf freie Meinungsäußerung hoch, aber gehen wir geschlossen gegen „alternative Fakten“, irrationale Ängste, Verschwörungstheorien und der Evidenz und Wissenschaft widersprechenden Meinungen vor. Das sind wir unserer Gesellschaft schuldig.
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